Informat hat geschrieben: ↑Sa 13. Jul 2019, 15:10
Vermute / hoffe dicke Regelwerke werden sich mit dem "Erwachsenwerden" der Smartphone-Generation weitgehend erledigen.
Das ist IMO schon ein happiges und verletzendes Vorurteil. Ich zähle zum älteren Semester und habe nix mit "Smartphone-Generation" am Hut. Und ich sehe es genau anders herum: Die Smartphone-Generation mag keinen unnötigen Aufwand (lange in Regeln einlesen) und Spielmechaniken bitte so einfach und
frustrationslos wie möglich (Achtung, mein eigenes (Vor)Urteil). Daher werden manche Top-Systeme auch einfacher, siehe z. B. Pathfinder, Shadowrun und D&D um diese Klientel bedienen und die Produkte noch absetzen zu können (Hier versuche ich, mein Vorurteil mit Fakten zu belegen und daraus ein valides Urteil zu machen). Das hat nichts mit "Erwachsenwerden" zu tun, sondern mit Zeitgeist und Vorlieben.
Alternativ gibt es aber auch zunehmend einfache Systeme, die erhöhte Phantasie und Sozialkompetenz der beteiligten Personen voraussetzen. Auch gut für diejenigen, die so etwas mögen, aber auch eine große Herausforderung für die heutige "Smartphone-Generation" (Hm, was ist das eigentlich? Wo beginnt diese Gruppe und wo endet sie, Fred? Ach ja, ist noch ein Vorurteil von mir.)
Einfache Regeln liegen mir persönlich gar nicht, unnötig komplizierte aber auch nicht. Ich bevorzuge "mein Steak medium crunchy".

Ausschlaggebend ist letztendlich gutes Rollenspiel und Spielspaß, aber ich persönlich benötige ein eher ausführliches Grundgerüst, an das alle Spieler und der SL sich halten sollen/müssen. Sonst gerät es mir zu abstrus, subjektiv und spaßhemmend. Nur weil einem Spieler sein "reality" gefällt und er seine Ideen ganz toll findet (umso schwieriger beim SL), so muss das nicht heißen, dass es anderen Mitspielern auch gefällt. Das ist mir dann zu vage und bietet zu viel Konfliktpotenzial, z. B. wenn der SL manche Spieler aufgrund persönlicher Vorliebe bevorzugt oder Meinungen stark gegensätzlich sind. Ich mag auch nicht immer wieder während des Spielens mit dem SL besprechen/verhandeln, ob meine Idee, die nicht von einfachen/groben/fehlenden Regeln abgedeckt wird, nun okay und machbar ist. Das stört meinen "Flow" und mein Eintauchen in die Spielwelt.
Ach ja, genauso wichtig wie passende Regeln sind mir die Spielwelt und die Spielidee. Wenn es dort krasse "Fehler" gibt oder die "Imtention" mir nicht passt, bringt mir auch das schönste Regelwerk nichts.
Mir gefallen
- D&D 3.5 und Pathfinder (detaillierte und doch flott spielbare Regeln, aufpassen muss man aber bei recht häufigen IMBA/OP-Fehlern und das grobe Klassen- und Hitpoint-System muss mögen bzw. tolerieren; grundsätzlich genügen mir da immer die Basisbücher, irgendwann wird es auch mir zuviel),
- Warhammer Fantasy (wenn auch etwas steril von der Grundidee (s. u. 40K/DH, aber das Regelwerk finde ich sehr gelungen) und
- Shadowrun 3rd am besten, wobei Shadowrun schon arg crunchy ist und man das Hacken/Decken sehr kreativ hausregeln muss. Die vielen W6 sind IMO auch nicht so gelungen, denn deren schlechte Skalierung konterkariert ansonsten das coole "realistische" Regelsystem.
- Shadow of the Demon Lord habe ich beim Spieltreff ausprobiert: Hat mir als eher einfaches System auch gut gefallen, aber leider ist die Charakterprogression so schnell und grob, dass längere Kampagnen gar nicht vorgesehen sind( eher ein paar One-Shots).
Nicht mein Fall sind
- DSA (katastrophal inkonsistente und vergurkte Spielwelt, unnötig kompliziertes Kampfsystem, das Kämpfe ewig dauern lässt),
- Deadlands (für mich persönlich zu einfache Regeln, die auch nicht aufeinander abgestimmt sind),
- Warhammer 40K / Dark Heresy (Einsätze gleichen sich zu sehr, sind aufgrund von permanenten Wiederholungen irgendwann langweilig, wenn man keinen kreativen SL in der Gruppe hat, die hoch faschistoide Gesellschaftsform verliert schnell ihren martialischen Reiz - aber das Regelwerk mag ich!)
- und Cthulhu (Horror oder Grusel am Spieltisch habe ich bisher nur einmal erleben können und dies geschah nicht innerhalb dieses Systems, langweiliges, einfaches Regelwerk; zudem mag ich nicht die Grundidee, dass mein Protagonist irgendwann im Wahnsinn endet).
Naja, ich werde mal versuchen, öfters bei den nächsten Rollenspieltreffs dabei zu sein, um meinen System-Horizont zu erweitern. Wird hoffentlich auch helfen, einige Vorurteile meinerseits aufzulösen.
Mögen die Würfel Euch hold sein
Double-Edge